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Live von der größten Industriemesse: Physische und digitale Welt für mehr Nachhaltigkeit vereinen
Auf der Hannover Messe 2022 war in allen Hallen und bei allen Veranstaltungen die Erleichterung und die Freude spür- und hörbar, endlich wieder an einem gemeinsamen Ort zur größten Industriemesse zusammenzukommen. Das gemeinsame Anliegen, das alle bewegte: die Digitalisierung zu nutzen, um größere Nachhaltigkeit zu erreichen.

BDI-Präsident Siegfried Russwurm äußerte sich sehr zuversichtlich über die Aussichten der Industrie, wenn sie die Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit nutzt.
Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Erst recht nicht in einer Branche, die sich dadurch auszeichnet, dass sie anfassbare Dinge für unsere physische Welt produziert. Die Industrie gilt nach wie vor als wichtiges Rückgrat einer soliden Volkswirtschaft. Doch sie braucht die Digitalisierung, sie muss zur Industrie 4.0 werden, um effizient, ressourcenschonend, wettbewerbsfähig und nachhaltig arbeiten zu können. Diese Einsicht bestimmte viele Gespräche, Vorträge und Diskussionen auf der Hannover Messe 2022. Das wurden auch die Verbände BDI (Bundesverband der deutschen Industrie), VDMA (Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau) und ZVEI (Verband der Elektro- und Digitalindustrie) nicht müde zu betonen: Die digitale Transformation muss die Industrie in ihrer ganzen Breite erfassen. Nur so kann es gelingen, die größte Herausforderung unserer Zeit anzunehmen und den Klimawandel zu bekämpfen.
So wundert es nicht, dass manch Schwergewicht der ehemals führenden Digitalmesse, der Cebit, mit großem Auftritt ihr Angebot für die Industrie präsentierten: Microsoft stellte gleich neben SAP seine Lösungen vor. Beide wollen größere Transparenz in Rohstoff- und Warenströme bringen, um so Produkte in Entstehung und Nutzung nachverfolgbar zu machen. Digitale Zwillinge entwickelten sich auf der Industrieschau in vielen Bereichen als Werkzeug der Wahl, um Abläufe zu simulieren, zu optimieren und zu kontrollieren – alles im Dienste größerer Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit.
Ein Kernelement der Digitalisierung in Industrie und Produktion ist die Vernetzung. Kaum ein Messestand in Hannover kam deshalb um das Thema Industrial Internet of Things (IIoT) herum. Die Digitalisierung kann ihr Potenzial erst ausreizen, wenn Sensoren und Aktoren, Maschinen und Anlagen bis hin zu ganzen Produktionen miteinander vernetzt arbeiten. Während das Internet für uns längst zum alltäglichen Medium unserer Lebenswelt geworden ist und das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) in immer neue Anwendungsbereiche vordringt, müssen beim Industriellen Internet der Dinge (IIoT) noch wichtige Aspekte berücksichtig werden. Allen voran das Thema Sicherheit. Denn gerade hier kommt die Verbindung von digitaler und physischer Welt zusammen: Ein Roboter wird digital gesteuert, erledigt seine Arbeit aber physisch. Dabei darf er auf keinen Fall einen Menschen gefährden.
Bislang wurde das meistens durch Käfige sichergestellt, in die die Maschinen eingesperrt wurden. Doch Cobots, kooperative Roboter, die mit Menschen unmittelbar zusammenarbeiten, verlassen ihre Behausung. Deshalb machen sie das Thema Sicherheit noch dringlicher. Das gilt selbstverständlich auch für die Cybersicherheit, die bei der Entwicklung nicht-vernetzter Anwendungen nicht berücksichtigt wurde. Doch die durchgängige Digitalisierung braucht auch durchgängige Sicherheit, wie sie das Unternehmen Alias Robotics auf der Hannover Messe zeigte. Der Spezialist für die digitale Sicherheit von Robotern arbeitet an der Basis für die Digitalisierung in der Industrie, denn ohne Sicherheit kann Industrie 4.0 nicht funktionieren.
Digitale Zwillinge als ein Topthema der Hannover Messe transferieren die physische Welt in digitale Modelle. Hier lassen sich Simulationen und damit Optimierungen leichter ausprobieren, um Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit von ganzen Anlagen zu verbessern. Sie ermöglichen es aber auch, ortsunabhängig Experten-Know-how in die Optimierung einzubinden. Ähnliches machen Brillen für Augmented und Virtual Reality (AR und VR) möglich. Wenn die Datenübertragung so schnell und quasi verzögerungsfrei wie in 5G-Netzen läuft, können Experten mit Lösungen wie von CGI sogar in Echtzeit Unterstützung bei Wartungs- und Reparaturarbeiten leisten, ohne selbst vor Ort sein zu müssen.
Großes Interesse zogen auf der Hannover Messe insbesondere freilaufende Roboter wie von dem Spezialisten Boston Dynamics oder Drohnen mit orchestrierten Flügen, wie sie das Unternehmen UM Autonomous Systems („Unmanned Life“) automatisiert ermöglicht, auf sich.

Vernetzungsexpertise für die Industrie: o2 Telefónica zeigte auf der Hannover Messe, wie die Industrie durch modernen Mobilfunk zur Industrie 4.0 wird.
o2 Telefónica zeigte zum ersten Mal mit eigenem Stand die Bandbreite seines Portfolios für IoT und IIoT auf der Hannover Messe aus. Technologiepartner zeigten dafür Anwendungsbeispiele, als Netzwerkpartner hatte Ericsson dort ein 5G-Netz aufgebaut. „Wir haben sehr interessante und spannende Gespräche geführt“, sagt Sven Koltermann, Teamlead M2M/IoT bei Telefónica Deutschland. „Alle wollen die Vernetzung in der Industrie vorantreiben, um effizienter und nachhaltiger zu arbeiten. Die neuen Netztechnologien wie 5G, LTE-M und Narrowband-IoT bieten dafür die technischen Voraussetzungen – und unsere Netz- und Anwendungsexpertise können Kunden und Partnern helfen, ihre Unternehmen zur Industrie 4.0 zu machen.“
Die Veranstalter der Hannover Messe zeigten sich am Ende zufrieden mit dem Neustart nach zwei Jahren Zwangspause aufgrund der Coronapandemie. Auch wenn nur rund 75.000 Besucher:innen den Weg aufs Hannoveraner Messegelände fanden – vor der Pandemie waren es typischerweise mehr als 200.000 –, ist die Messegesellschaft doch zuversichtlich, dass im kommenden Jahr die Hannover Messe wieder näher an alte Erfolge heranrücken kann. Die Leistungs- und Innovationsschau der Industrie soll dann wie üblich fünf Tage zum bisherigen Termin, nämlich Mitte April stattfinden, und zwar vom 17. bis 21. April 2023.